Der Weg, eine interaktive Ausstellung – 21. bis 31.08.2017

Die 13-jährige Emine von der Hermann-Ehlers-Schule aus Wiesbaden-Erbenheim blätterte in ihrem roten Pass. Aus Emine wurde für zwei Stunden Luludja – ein 12-jähriges Mädchen aus Rumänien mit vier Geschwistern. Luludja ist ein Roma-Mädchen und würde gerne in Deutschland Asyl beantragen, weil sie in ihrem Heimatland verfolgt wird. Jetzt muss sie sich nicht nur von Rumänien nach Deutschland durchschlagen, sondern ist auch darauf angewiesen, von den deutschen Behörden angehört zu werden und Asyl gewährt zu bekommen. Was Luludja auf ihrem langen Weg bis zum Asylantrag erlebt, das fühlte und spielte Emine aus Erbenheim in der Ausstellung nach. „Der Weg“ hieß die interaktive Ausstellung, die in der Evangelischen Jugendkirche in Biebrich zu erleben war. Für die Ausstellung hatte sich der Altarraum in mehrere Erlebnisräume verwandelt, die mit Bauzäunen voneinander getrennt wurden. Irgendwo stand ein Schlauchboot, Pappen und Teppichreste lagen auf dem Boden herum. An den Zäunen hingen großformatige schwarz-weiß Fotos – sie zeigten Menschen, die auf der Flucht sind, die sich mühsam über einen schmalen Pfad durch ein Gebirge kämpfen, die aus Zugfenstern winken, vor Behördentüren warten oder in schmutzigen Hallen auf Pappe schlafen. Es sind Szenen, die man aus den Nachrichten kennt. Bedrückend wirkten diese riesigen Aufnahmen vor der Kulisse des Kirchenraums. Die Bauzäune ließen einen unweigerlich an Stacheldraht und Grenzzäune denken. In Gruppen wurden insgesamt circa 300 Schülerinnen und Schüler durch die Ausstellung geführt. In den einzelnen Erlebnisräumen der Ausstellung spürten die Schülerinnen und Schüler emotional nach, was es heißt, aus der Heimat fliehen zu müssen: Sie erlebten banges Warten, Hoffnung und Rückschläge, kamen mit Schleusern in Kontakt, mit korrupten Arbeitgebern und schroffen Beamten. Sie drängten sich an einer Station in einem zu kleinen Boot woanders in einem LKW-Container, und sie mussten eine Grenze überwinden. Am Ende bekommen sie eine Chance auf Asyl – oder werden abgewiesen. Der 13-jährige Celal erklärt: „Jetzt wissen wir, wie sich diese Flüchtlinge fühlen.“ Sören Dibbern ist froh, dass die Ausstellung erfolgreich lief: „Ich finde es wichtig, die Jugendlichen nicht nur mit Informationen zu berieseln, sondern ihnen die Möglichkeit zu geben, sich in die Situation von Flüchtenden wirklich hineinzuversetzen.“ Das spannende sei, so Sören Dibbern, dass die Ausstellung keine Lösungen anbiete: „Wenn der Schlepper mehr Geld will oder der beste Freund plötzlich krank wird, dann stehen sie halt da. Sie sollen das nachempfinden, sollen sich mit der Situation auseinandersetzen. Ich wünsche mir, dass es einfach die Wahrnehmung und das Verständnis schärft.“